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Vergessen wir den persönlichen Austausch nicht im Digitalen

Ein Beitrag von Katharina Klug

Katharina Klug ist Professorin für Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt Konsumpsychologie an der Hochschule Ansbach.

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Veröffentlicht: 04.05.2021

Lesezeit: 4 Minuten

Letzte Änderung: 07.09.2023

Themen:

Schlagworte:

  • #corona
  • #empathie
  • #expertennetzwerk
  • #kommunikation

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 wurden Meetings in
Unternehmen, Lehrveranstaltungen an Hochschulen und Café-Talks unter Freuden innerhalb
kürzester Zeit in den digitalen Raum verlegt. Während einige bereits auf digitale
Erfahrungen aufbauten, betraten andere Neuland. Fest steht, wir haben unsere digitalen
Kompetenzen in den letzten Monaten rasant und massiv erweitert. Jetzt stellt sich
für viele die Frage: Wie soll das alles weitergehen; (noch) mehr oder (wieder) weniger
digital? In ihrem Expert Statement beschreibt Prof. Dr. Katharina Klug Zukunftszenarios
für erfolgreiche Kommunikation und erklärt: „Vergessen wir den persönlichen Austausch
nicht im digitalen Zeitalter“.

Für die digitalen Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten sind wir derzeit dankbar wie selten zuvor in unserem bisherigen Leben. In pandemischen Zeiten ermöglichen uns Zoom & Co., unter- und miteinander in Kontakt zu bleiben und den „Betrieb“ weitestgehend aufrecht zu erhalten. Die technischen Möglichkeiten sind fantastisch, wichtig und bereichernd. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass im ausschließlich digitalen Austausch essenzielle soziale Kommunikationsaspekte untergehen. Eingeschränkte Mimik und Gestik oder eine buchstäblich „schlechte“ Verbindung fordern uns ebenso heraus wie das „Gefesseltsein“ vor einem Bildschirm. So fragt sich manch eine:r insgeheim: „Dürfen wir (schon wieder) persönlich oder müssen wir (noch) online?“

Digitale Meetings oder Veranstaltungen sind zweifelsohne effizient bei der Wissensvermittlung oder dem Informationsaustausch. Bereichernd ist es auch, wenn wir online mit Menschen face-to-face kommunizieren können, mit denen ein Austausch sonst nicht realisierbar gewesen wäre. Herausfordernd wird die rein digitale Kommunikation jedoch dann, wenn wir eine Beziehung aufbauen oder festigen wollen. Denn nicht jedes Thema lässt sich digital „besprechen“ oder „abbilden“. Zwischen Kommunikatoren lässt sich eine persönliche Verbindung eher in one-to-one Sessions aufbauen als in anonymen Massen-Meetings – das ist auch im digitalen Kontext nicht anders. Dem digitalen Beziehungsausbau hilft es, die Teilnehmenden bereits vorab persönlich kennengelernt zu haben. Dann kann der digitale Austausch eine Beziehung zwischen den Kommunikationspartner*innen geradezu bereichern – wenn nämlich der persönliche direkte Austausch zusätzlich auch online stattfindet, anstatt gänzlich auszubleiben. Bei einer ausschließlichen Kommunikation über Online-Tools stellt sich jedoch nicht selten die sogenannte „Zoom-Fatigue“ ein – eine Müdigkeit gegenüber Videokonferenzen, die sich sowohl im Business- als auch im Bildungskontext zunehmend beobachten lässt. 

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Ein effizientes post-pandemisches Szenario sollte daher eine hybride Kommunikation sein nach dem Ideal: „Am liebsten (wieder) persönlich und bei Bedarf gern (auch mal) digital“. Die individuelle Sehnsucht – und nicht zuletzt die situations- oder jobbedingte Notwendigkeit – des Vor-Ort-Seins wird sich enger als bisher mit einer alltagstauglichen Online-Kultur verzahnen. Wir müssen unsere erworbenen digitalen Kompetenzen künftig also an geeigneter Stelle einsetzen; sollten jedoch gleichzeitig nicht vergessen, dass der persönliche Austausch uns mit dem Gegenüber eher in eine echte Verbindung treten lässt als ein schneller digitaler Café-Talk zwischen Zoom-Meeting und Online-Weiterbildung. Ganz konkret bedeutet das beispielsweise: 

  • Im Business regelmäßige Team-Meetings weder gänzlich in Präsenz noch gänzlich digital umsetzen, sondern eine geeignete Hybridlösung etablieren; z.B. wöchentliche Meetings einmal im Monat in Präsenz und sonst digital anbieten, um einerseits die Teambindung zu erhalten und andererseits den effizienten Informationsaustausch digitaler Meetings zu nutzen. 
  • Im Bildungsbereich geeignete Weiterbildungsinhalte gezielt als Blended Learning-Hybridkonzepte anlegen, die Präsenz- und Onlineveranstaltungen kombinieren; z.B. Kick-off-Termine in Präsenz planen, um den Beziehungsaufbau zu ermöglichen, der dann digital ausbaubar ist. Finale Zusammenkünfte in Präsenz planen, um den Teilnehmenden einen wertigen Kurs-Abschluss zu demonstrieren und Feedbackrunden auf persönlicher Ebene zu realisieren. 
  •  Im Privatleben ein gegenseitiges Verständnis für den zunehmenden digitalen Austausch – insbesondere im beruflichen Kontext – schaffen und private Kontaktpunkte bewusst offline planen, um zumindest im persönlichen Umfeld der sozialen Komponente der Kommunikation wieder mehr Rechnung zu tragen.

Oberstes Ziel des sozialen Austausches ist es, einander verständlich zu machen, Belastung und Frustration zu minimieren, Missverständnissen vorzubeugen und nicht zuletzt, die Kommunizierenden in eine Beziehung treten zu lassen. Die pandemiebedingt zunehmende Verlagerung unserer Kommunikation ins digitale Umfeld schafft neue Möglichkeiten. Gleichzeitig dürfen wir jedoch nicht vergessen, die persönliche und direkte Kommunikation wieder zu re-kultivieren im Zeitalter des zunehmend digitalisierten Austausches. 

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